Der Weg des Schmerzes - Teil 3
Shownotes
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Dr. med. Marco Wintruff
Dr. med. Jan-Peer Rogmann
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Die Ärztekammer Hamburg hat die Veranstaltung (Podcast) unter 912405544 mit 1 Punkt anerkannt. Der/Die CME-Punkt/e können unter der Angabe der notwendigen Schlüsselwörter bis zu 14 Tage nach der Veröffentlichung, unter folgendem Link, beantrag werden: https://forms.gle/7k95zeiEu6KScJLw5
Literatur und kurze Zusammenfassungen
(1) Kuner R, Kuner T. Cellular Circuits in the Brain and Their Modulation in Acute and Chronic Pain. Physiol Rev. 2021 Jan 1;101(1):213-258. doi: 10.1152/physrev.00040.2019. Epub 2020 Jun 11. PMID: 32525759.
Zusammenfassung: Der Artikel “Cellular Circuits in the Brain and Their Modulation in Acute and Chronic Pain” behandelt die neuronalen Schaltkreise und Bahnen im Gehirn, die sensorische, affektive und motivationale Aspekte von Schmerz vermitteln, sowie ihre Modulation durch verschiedene Neurotransmitter. Ein besonderer Fokus liegt auf der funktionalen Untersuchung von sub-neokortikalen Hirnschaltkreisen mithilfe von Optogenetik, Chemogenetik und bildgebenden Technologien in Nagetiermodellen. Ziel ist es, die Struktur-Funktions-Eigenschaften in nozizeptiven Schaltkreisen und höheren sub-neokortikalen modulatorischen Schaltkreisen zu verstehen, die an Aversion, Lernen, Belohnung und Stimmung beteiligt sind. Diese Erkenntnisse könnten zukünftige gezielte Therapien ermöglichen.
(2) Lindsay et al. „Brain circuits for pain and its treatment“, Sci Transl Med. 2021 Nov 10;13(619):eabj7360. PUBMED ID: 34757810
Zusammenfassung: Der Artikel „Brain circuits for pain and its treatment“ von Lindsay et al. untersucht die neuronalen Schaltkreise, die an der Schmerzverarbeitung beteiligt sind, und wie diese für die Entwicklung neuer Schmerztherapien genutzt werden können. Der Artikel beschreibt, wie Schmerz ein komplexes Erlebnis ist, das sensorische, emotionale und kognitive Komponenten umfasst. Besondere Aufmerksamkeit wird darauf gelegt, wie diese Schmerzschaltkreise bei chronischen Schmerzen verändert werden und wie moderne therapeutische Ansätze, wie etwa zielgerichtete Modulation dieser Schaltkreise, die Schmerzlinderung verbessern können.
(3) De Ridder D, Vanneste S, Smith M, Adhia D. Pain and the Triple Network Model. Front Neurol. 2022 Mar 7;13:757241. doi: 10.3389/fneur.2022.757241. PMID: 35321511; PMCID: PMC8934778.
Zusammenfassung: Der Artikel beschreibt, wie akuter Schmerz als unangenehme sensorische und emotionale Erfahrung auftritt und wie chronischer Schmerz durch drei miteinander verbundene Netzwerke im Gehirn verarbeitet wird: das selbstrepräsentative Default Mode Network, das für die Verhaltensrelevanz kodierende Salience Network und das zielorientierte Central Executive Network. Diese Netzwerke interagieren und können bei chronischen Schmerzen zu funktionellen Beeinträchtigungen führen. Der Artikel schlägt vor, dass diese Erkenntnisse neue, personalisierte Behandlungsmethoden für Schmerz und damit verbundene Komorbiditäten ermöglichen könnten.
(4) De Ridder D, Adhia D, Vanneste S. The anatomy of pain and suffering in the brain and its clinical implications. Neurosci Biobehav Rev. 2021 Nov;130:125-146. doi: 10.1016/j.neubiorev.2021.08.013. Epub 2021 Aug 16. PMID: 34411559.
Zusammenfassung: Der Artikel untersucht die Zusammenhänge zwischen Schmerz und Leiden im Gehirn. Schmerz ist eine unangenehme sensorische und emotionale Erfahrung, die mit tatsächlichen oder potenziellen Gewebeschäden verbunden ist. Chronischer Schmerz verursacht erhebliches menschliches Leiden. Der mediale Pfad im Gehirn ist mit dem Leiden verbunden, das mit dem Schmerzempfinden einhergeht.
(5) Gonzalez-Hermosillo DC, Gonzalez-Hermosillo LM, Villaseñor-Almaraz M, Ballesteros-Herrera D, Moreno-Jimenez S, Corona-Cedillo R, Velasco-Campos F, Carrillo-Ruiz JD, Roldan-Valadez E. Current concepts of pain pathways: a brief review of anatomy, physiology, and medical imaging. Curr Med Imaging. 2023 May 19. doi: 10.2174/1573405620666230519144112. Epub ahead of print. PMID: 37211855.
Zusammenfassung: In dieser Übersicht geht es um die Schmerzbahnen im Körper. Diese umfassen die Neuroanatomie und Neurophysiologie der Schmerzwahrnehmung sowie die Verwendung von fortschrittlichen neurobildgebenden Verfahren wie fMRI, PET und MEG zur besseren Erforschung der neuronalen Mechanismen hinter der Schmerzverarbeitung. Ziel ist es, effektivere Interventionen für chronische Schmerzen zu entwickeln.
(6) Yao D, Chen Y, Chen G. The role of pain modulation pathway and related brain regions in pain. Rev Neurosci. 2023 Jun 8;34(8):899-914. doi: 10.1515/revneuro-2023-0037. PMID: 37288945.
Zusammenfassung: Dieser Artikel untersucht den Schmerz als einen komplexen Prozess, der unangenehme sensorische und emotionale Erfahrungen umfasst. Zentrale Sensibilisierung spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen. Der “Schmerzmatrix”-Ansatz zeigt, dass verschiedene Gehirnregionen miteinander verbunden sind und nicht von einer einzigen Region gesteuert werden. Die Studie beleuchtet außerdem die Wechselwirkungen zwischen aufsteigenden und absteigenden Schmerzbahnen. Dieses Verständnis kann zu verbesserten Therapieansätzen für die Schmerzbehandlung führen.
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Musik und Gestaltung
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Speaker0: Moin Moin zu der Schmerzcode, der Podcast, in dem Jan-Pär und Marco wichtige
Speaker0: Themen zum Mysterium Schmerz einfach und praktisch aufschlüsseln wollen.
Music:
Speaker0: Herzlich willkommen zum vierten Podcast der Schmerzcode, schlussendlich zum
Speaker0: dritten Teil unserer Serie, der Weg des Schmerzes.
Speaker0: Herzlich willkommen, Jan-Pär. Ich freue mich, dass ich wieder hier sitzen darf.
Speaker0: Und du Zustand nach Nachtdienst, ne?
Speaker1: Das sieht man mir an, ne?
Speaker0: Nee, nee, Jan-Pär, du siehst immer großartig aus.
Speaker0: Aber zum Glück haben wir im Podcast keine Videoaufnahme. Das ist schon mal ganz gut. Wie geht's dir?
Speaker1: Ja, danke. Also den Umsprenden entsprechend geht's mir blendend.
Speaker0: Ja, mit der Sprache ist es noch ein bisschen schwierig.
Speaker1: Das ist immer schwierig bei mir. Das ist ein Grundproblem.
Speaker0: Aber darum passen wir so gut zusammen.
Speaker1: Mühe alleine reicht manchmal.
Speaker0: Das kann ich dir sagen. So, was haben wir denn heute vor? Soll ich mal ein bisschen was erzählen?
Speaker1: Sehr gerne.
Speaker0: Ja, wir kommen ja von unserem dritten Podcast, unserem zweiten Teil zum Thema der Weg des Schmerzes.
Speaker0: Das erste, beziehungsweise respektive die Umschaltung zum zweiten Neuron haben wir kennengelernt.
Speaker0: Das Ganze im Hinterhorn des Rückenmarks. Wir haben Projektionsbahnen des Rückenmarks
Speaker0: und deren Funktionen kennengelernt. Und natürlich auch die schmerzhemmenden Mechanismen.
Speaker0: Und...
Speaker0: Damit aber nicht alles abgegriffen und da kommen wir nämlich jetzt zum dritten
Speaker0: Neuron und haben hier noch Ergänzungen und Erweiterungen und können jetzt heute auch schön bieten,
Speaker0: wie es jetzt so weitergeht und was da auf uns zukommt.
Speaker1: Marco, was haben wir denn heute vor?
Speaker0: Was haben wir denn heute vor? Also da bin ich ja völlig überrascht,
Speaker0: habe ich nicht mit gerechnet, dass du das fragst, was wir heute machen wollen.
Speaker0: Eine schöne Einleitung.
Speaker0: Was mir noch so ein bisschen wichtig ist, dass wir in der Einleitung nochmal
Speaker0: erwähnen, aufsteigende Projektionsbahnen und die zentralen Verarbeitungen,
Speaker0: die daraus einhergehen.
Speaker0: Als dritten Punkt stelle ich mir die absteigenden Projektionsbahnen und die
Speaker0: Schmerzmodulationsmechanismen einmal vor.
Speaker0: Und das Ganze zum Ende des Podcastes noch einmal so diagnostische Möglichkeiten,
Speaker0: was uns die moderne Medizin hier noch mit an die Hand geben kann und dass unsere
Speaker0: Hörerinnen und Hörer da letztendlich auch mal eine Idee haben,
Speaker0: was ist eigentlich so möglich.
Speaker0: Wirklich MRT, funktionelles MRT, das habt ihr ja schon mal gehört,
Speaker0: aber die Wissenschaft ist da noch ein Stückchen weiter, dass wir da einmal ein
Speaker0: bisschen drauf eingehen und ja, vielleicht ein kleiner Ausblick mit Diskussion zum Ende,
Speaker0: einen kleinen Teaser, was so in die Weihnachtszeit auf uns zukommt.
Speaker1: Jetzt machst du einen Teaser auf den Teaser?
Speaker0: Ja, wie ist das? Das ist ein Spannungsbogen, oder? Par excellence,
Speaker0: sage ich nur. Nicht schlecht. Nicht schlecht.
Speaker1: Darf ich, bevor wir jetzt, ich sage ja immer dicke Bretter zum Ende bohren.
Speaker0: Ja, das kenne ich aus den ersten beiden Folgen schon.
Speaker1: Ja, du weißt ja, wir haben ja ganz am Anfang so zusammengebaute Wörter mit den Schmerzarten gehabt.
Speaker1: Ich habe beim Zeitunglesen mir noch was untergekommen.
Speaker0: Oh nein, warte, warte, warte, warte.
Speaker1: Ich weiß, was jetzt.
Speaker0: Nein, okay, nein.
Speaker1: Also ich sage, mach es nicht. Wir hatten doch Hyperalgesie, Analgesie,
Speaker1: Hypoalgesie und weißt du, was mir beim Lesen aufgefallen ist? Die Nostalgie.
Speaker0: Die Nostalgie?
Speaker1: Nostalgie. War früher auch ein Krankheitsbild.
Speaker0: Ach nee.
Speaker1: Okay. Aber das nur am Rande.
Speaker0: Ja, sehr interessant.
Speaker1: Ja, jetzt sollte es zur Auflöcherung sein. Jetzt fangen wir aber richtig an.
Speaker0: Ja, ich bin jetzt ein bisschen irritiert, dass man sowas immer nicht weiß.
Speaker0: Aber vielen Dank, das ist super.
Speaker1: Ja, danke.
Speaker0: Apropos Wissen, apropos wichtig. Ich würde ganz gerne im Zuge unserer Einleitung
Speaker0: zum Thema drittes Neuron und zentrale Verarbeitung von Schmerz,
Speaker0: würde ich Ihnen gerne noch einmal auf die periphere Divergenz und die zentrale Konvergenz eingehen.
Speaker1: Das finde ich immer schwierig, die Begriffe. Bitte.
Speaker0: Bitte, ja. Weißt du, was Divergenz bedeutet? Du hast doch bestimmt schon dein Lexikon gezückt.
Speaker1: Divergent heißt auseinanderlaufend und konvergent heißt zusammenlaufend.
Speaker0: Wahnsinn.
Speaker1: Ich als alter Lateiner.
Speaker0: Ja, darum bist du ja auch dabei. Ich habe es nachgeschlagen. Ach so, okay.
Speaker0: Du hättest das nicht gesagt, hätte es auch keiner rausgefunden.
Speaker0: Jeder hätte gedacht, du wüsstest das.
Speaker1: Jeder hätte gedacht, dass ich es nachgeschlagen habe.
Speaker0: Was passiert da? Also wenn du dich verletzt, könnten die Schmerzsignale von
Speaker0: der Verletzung stellen auf mehrere Nervenbahnen verteilt werden.
Speaker0: Was bedeutet das inhaltlich, um diesen Begriff der Divergenz nochmal aufzugreifen?
Speaker0: Dein Gehirn nimmt dadurch den Schmerz stärker und über ein größeres Gebiet wahr.
Speaker0: Also der Schmerz fühlt sich hierbei größer an, als er tatsächlich ist.
Speaker0: Dadurch, dass verschiedene und mehrere Nervenfasern und Schmerzsignale sozusagen
Speaker0: weitergeleitet werden.
Speaker0: Da kommen wir dann auch gleich zu der Konvergenz. Was passiert da?
Speaker0: Das sind Schmerzsignale aus verschiedenen Körperteilen und die werden dann auf
Speaker0: Rückemarksebene auf einen Nervenstrang oder einen Nerven aufgenommen und weitergeleitet.
Speaker0: Was bedeutet das für uns? Hier werden die Signale von deinem Gehirn als Schmerz wahrgenommen,
Speaker0: aber er kann hier nicht genau feststellen, von welchem Signalgeber dieses Aktionspotenzial
Speaker0: oder respektive der Schmerz kommt.
Speaker0: Das beste, allerbeste Beispiel ist der Herzinfarkt.
Speaker0: Das Herz hat hier ein chemisches Problem und projiziert es auf den linken Arm.
Speaker0: Weil die Sensorik hier von der gleichen Ebene wie der viszerale Schmerz vom
Speaker0: Herzen wird denn da auf der gleichen Ebene verschaltet.
Speaker0: Und was haben wir gelernt in unserem Leben?
Speaker0: Nicht, dass das Herzen ein Problem macht, sondern, dass ich auf den Arm falle
Speaker0: und mir der Arm irgendwie wehtut.
Speaker0: Also macht das Gehirn das, was am was am logischsten ist, was am naheliegendsten
Speaker0: ist, dass der Arm halt wehtut.
Speaker0: Obwohl in diesem besonderen Fall halt jetzt ausnahmsweise das Herz wehtut.
Speaker1: Ja, das verstehe ich. Also sozusagen du guckst dann quasi in die Richtung der Schmerzimpulse.
Speaker1: Wo kommen sie her und wo gehen sie hin? Mhm.
Speaker1: Und das ist dann konvergente und divergente Schmerzsignale.
Speaker0: Da haben wir jetzt einen besonderen Bereich des Erlernten.
Speaker0: Wir haben halt im Zuge unseres Lebens, im Zuge dieser Konvergenz halt gelernt,
Speaker0: dass was häufig ist häufig und was selten ist es selten und bis zu meinem, ich sag mal 40. 50.
Speaker0: Lebensjahr, wo ich meinen ersten Herzinfarkt vielleicht habe,
Speaker0: ich hoffe dann gar nicht, aber dass dort.
Speaker1: Dann hättest du ihn ja schon gehabt.
Speaker0: Ja, jetzt hast du schon wieder zu viel erzählt. Ja, und.
Speaker0: Dann wäre das ja so, dass ich im Laufe meines Lebens eher immer Probleme,
Speaker0: weil ich ein tollpatschiger Typ bin, immer auf meinen linken Arm fange.
Speaker0: Habe ich da noch irgendwas vergessen? Fällt dir dazu noch was ein,
Speaker0: damit wir es vielleicht nochmal zusammenfassen können?
Speaker1: Ja, ich bin hinsichtlich des Schmerzes und der Konvergenz und Divergenz,
Speaker1: ich bin so ein bisschen von einer anderen Warte da rangegangen oder beim Nachlesen rangegangen.
Speaker1: So ein bisschen, wenn man das aus der therapeutischen Brille dann sieht,
Speaker1: dann kann man sagen, es besteht im peripheren Nervensystem einfach eine große
Speaker1: Divergenz. Also das soll heißen, es gibt ja in der Peripherie ganz,
Speaker1: ganz verschiedene Rezeptoren. Haben wir ja alle gehabt.
Speaker1: TPR und Natrium und P2. Und was wir alles im ersten Podcast dann erzählt haben,
Speaker1: die alle Schmerzimpulse erzeugen können und dann weiterleiten können.
Speaker1: Dann gibt es diese Rezeptoren, die können dann durch die verschiedensten Moleküle
Speaker1: und Chemokine und mechanische Sachen können die aktiviert werden und dann die
Speaker1: Umgebungszellen wie die Immunzellen und die Blutgefäßwandzellen,
Speaker1: die können ja alle noch die Aktivität modulieren.
Speaker1: Also das heißt, wir haben jetzt eine wahnsinnig große Palette an Rezeptoren
Speaker1: plus Einflussfaktoren, die alle irgendwie Schmerz machen können.
Speaker1: Und das haben wir ja auch besprochen, das drückt sich ja in die ganz verschiedenen
Speaker1: Schmerztypen, die wir dann haben, dann aus.
Speaker1: Und wenn man jetzt aus therapeutischer Sicht dann guckt, dann wird das sehr
Speaker1: schwierig sein, eigentlich für jeden Rezeptor irgendwie das passende Medikament
Speaker1: zu finden, um den dann entweder an- oder auszustellen.
Speaker1: Und dann vielleicht auch für Patienten da noch einen therapeutischen Mix dazu
Speaker1: machen für das spezielle Schmerzproblem, das der Patient hat.
Speaker1: Ich sehe die periphere Divergenz, also die Mannigfaltigkeit eher so ein bisschen als Problem.
Speaker1: Und vielleicht werden sich da spezifische Therapien ja für einzelne Schmerzarten,
Speaker1: wenn man sie dann gut abgrenzen kann, da vielleicht ja mal irgendwann entwickeln.
Speaker1: Also Tumorschmerzen ist ja eher was, was auf den Nerv in der Peripherie drückt
Speaker1: oder irgendwie Viszeral oder Osteoarthritis. Das ist ja nun Gelenkschmerz,
Speaker1: der hat ja ein relativ umschriebenes Bereich.
Speaker1: Da kann ich mir gut vorstellen, dass man da vielleicht Therapien entwickelt
Speaker1: oder vielleicht auch der tiefe Rückenschmerz.
Speaker1: Aber das wird sicherlich dann schwierig werden.
Speaker1: Und Konvergenz, also das Zusammenlaufen, stelle ich mir so aus therapeutischer
Speaker1: Sicht, wenn man dem peripheren Nervensystem das Zentrale gegenüberstellt,
Speaker1: dann laufen ja alle Schmerzimpulse dann ein,
Speaker1: über das Rückenmerk werden die verschaltet und dann werden die relativ konvergent,
Speaker1: also zentral im Gehirn, egal wie sie entstanden sind aus der Peripherie, gleich verarbeitet.
Speaker1: Also das heißt, wir haben ja dann eine zentrale Schmerzbahnen und Schmerzverarbeitungsbahnen
Speaker1: im Gehirn, die unabhängig von der Ursache relativ gleich dann ablaufen.
Speaker1: Da kommen wir ja nachher auch nochmal zu, wie das denn eigentlich ist.
Speaker1: Und vielleicht ist es so, durch diese zentrale Konvergenz, die wir dann haben,
Speaker1: also die relativ gleiche Art der Verarbeitung, ist das vielleicht ein spielversprechender
Speaker1: therapeutischer Ansatz, da später mal Medikamente zu entwickeln oder wir haben
Speaker1: ja auch Medikamente, die dort ansetzen,
Speaker1: um da eine noch spezifischere Schmerztherapie dann zu machen.
Speaker0: Ja, also ich habe so das Gefühl,
Speaker0: es darf aber nicht der Eindruck entstehen, dass ein Schmerz entsteht,
Speaker0: über das erste Neuron verschaltet wird auf das zweite Neuron,
Speaker0: hier eine Konvergenz stattgefunden hat und diese Weiterleitung…,
Speaker0: So als alleinige Weiterleitung dasteht, weil die komplexe Verschaltung im Gehirn
Speaker0: und die sogenannte Verarbeitung und Wahrnehmung des Schmerzes ist extremst komplex.
Speaker0: Da wollen wir ja auch nochmal drauf eingehen.
Speaker0: Und das ist theoretisch auch wieder eine Divergenz, eine Verteilung dieses einzelnen
Speaker0: Signals auf verschiedene Areale.
Speaker1: Das ist richtig. Genau, das ist absolut richtig. Also wenn du in der Richtung
Speaker1: guckst, dann kommt das einzelne Signal, wird dann divergent,
Speaker1: dann wieder im Gehirn in verschiedenen Arealen dann verarbeitet.
Speaker0: Okay, aber dann ist das ja korrekt.
Speaker1: Wobei ich dann aus pharmazeutischer Sicht oder aus therapeutischer Sicht dann eher sehe,
Speaker1: ich glaube, dass es dann eher möglicherweise vielleicht mehr gleiche Ziele gibt, wo man ansetzen könnte.
Speaker0: Das hat ja dann wahrscheinlich auch unter anderem was mit Rezeptoren und Signalgebern
Speaker0: oder Mediatoren zu tun, mit Botenstoffen.
Speaker0: Ja, meinst du das?
Speaker1: Ja, also wir können uns ja mal rein funktionell anatomisch mal dem ganzen annähern.
Speaker0: Das wäre jetzt eigentlich der richtige Zeitpunkt für ein Schlüsselwort.
Speaker1: Marco, bitte.
Speaker0: Das erste Schlüsselwort. Divergenz.
Speaker0: Was wissen wir eigentlich über die Verarbeitung von Schmerz?
Speaker0: Also wie geht es jetzt eigentlich weiter?
Speaker0: Wir haben im zweiten Teil gelernt, dass diese Signale über Projektionsbahnen
Speaker0: nach zentral geleitet werden.
Speaker0: Und ich möchte jetzt einmal im Gesamten diese Sensibilität allgemein,
Speaker0: dieses Signal der Weiterleitung einmal kurz erläutern.
Speaker0: Vorher, und das habe ich glaube ich schon öfter mal besprochen,
Speaker0: sind mir so ein paar Begrifflichkeiten wichtig und würde diese vier Prozessschritte,
Speaker0: die für die Wahrnehmung von Schmerz wichtig sind,
Speaker0: einmal nochmal ganz kurz erläutern und hoffentlich hier unsere drei Teile,
Speaker0: die wir bisher jetzt oder jetzt angefangen haben, abschließend zu besprechen,
Speaker0: hier in den Kontext zu setzen.
Speaker0: Diese vier Prozesse bezeichnen wir einmal als Transduktion, Transmission,
Speaker0: Modulation und Wahrnehmung.
Speaker0: Die Transduktion ist die Aktivierung der Rezeptoren.
Speaker0: Das haben wir in unserem ersten Teil kennengelernt.
Speaker0: Wie wird eigentlich das erste Neuron aktiviert? Die Transmission ist die Informationsweiterleitung.
Speaker0: Auch das war im ersten Teil auch schon ein wichtiger Aspekt,
Speaker0: aber auch im zweiten Teil,
Speaker0: wo diese Signale dann weitergeleitet und umgeschaltet werden auf das zweite Neuron.
Speaker0: Hinzu kommt die Modulation. Auch das haben wir im zweiten Teil schon kennengelernt.
Speaker0: Stichwort zum Beispiel TENS-Gerät, die Modulation über die Beta-Fasern oder
Speaker0: die Autoregulation als Feedback über Interneurone,
Speaker0: Modulationsphänomene über die Weitdynamik-Range oder aber auch absteigende Phänomene
Speaker0: wie das periakvadrotale Grau, Die hier modulierende Effekte haben,
Speaker0: um, und das ist ja das große Ziel, was die Natur für uns erschaffen hat,
Speaker0: dass hier keine chronischen Schmerzen entstehen, dass sozusagen Schmerzen schon
Speaker0: gehemmt werden, bevor sie eigentlich ursprünglich ausreichend therapiert werden.
Speaker0: Und zum Schluss die der Wahrnehmung. Das ist der große Bereich,
Speaker0: nämlich wie kriegen wir das eigentlich im Gehirn hin, dass aus diesem Signal
Speaker0: ein Schmerzwahrnehmung ist.
Speaker0: Das ist so das große Thema, was wir haben.
Speaker0: Für diese aufsteigenden Bahnen, die ich besprochen habe, gibt es drei große
Speaker0: Bahnsysteme, lass mich so nennen.
Speaker1: Da geht es ja um Sensibilität.
Speaker0: Genau, die die Sensibilität nach zentral leiten.
Speaker0: Da haben wir als erstes die große Hinterstrangbahn, das große Hinterstrangbahnsystem,
Speaker0: das besteht aus dem Fasikulus grazilis und Fasikulus cuneatus,
Speaker0: die feine Berührungs- und Vibrationsempfindungen wie propriozeptive Informationen zum Gehirn leiten.
Speaker0: Als zweites haben wir den Kleinhirn, Ein Seitenstrang-System,
Speaker0: das umfasst den Traktus Spino Cerebellaris Anterior und Posterior und auch propräzeptive
Speaker0: Informationen, die zum Kleinhirn gesendet werden, was für,
Speaker0: und das ist ein ganz wichtiger Aspekt für die Koordination von Bewegungen wichtig ist.
Speaker0: Das soll nur der Vollständigkeit halber noch mit erwähnt werden.
Speaker0: Der wichtigste Strang hier ist der Vorderseitenstrang, das Vorderseitenstrang-System.
Speaker0: Das enthält den Tractus Spinothalamicus Anterior und Lateralis.
Speaker0: Weil es hier extrem wichtig ist für die Weiterleitung von Schmerztemperatur
Speaker0: und der groben Berührung oder Berührungsempfindlichkeit.
Speaker0: Also hier ist der Fokus für den Schmerz und die Schmerzweiterleitung.
Speaker0: Deswegen finde ich es auch wichtig, dass wir hier vielleicht den Vorderseitenstrang
Speaker0: hier nochmal ein bisschen genauer beleuchten.
Speaker0: Da kannst du, Jan-Pär, vielleicht noch ein bisschen was dazu sagen.
Speaker1: Ja, absolut gerne. Ich möchte im Vorwege sagen,
Speaker1: wenn wir uns über Schmerz und Schmerzweiterleitung unterhalten,
Speaker1: müssen wir bei Schmerz zwei Komponenten, und das wissen wir auch,
Speaker1: unterteilen. Das ist einerseits...
Speaker1: Dass wir die Schmerzlokalisation, Intensität und Art, das ist ein Teil der Schmerzwahrnehmung
Speaker1: und der zweite Teil ist die emotionale und kognitive und affektive Bewertung des Schmerzes.
Speaker1: Ja, also die beiden müssen wir auseinanderhalten und dafür gibt es auch anatomisch
Speaker1: zwei unterschiedliche Bahnen.
Speaker1: Also gucken wir uns das Anterio-Laterale, also die spinotalarmische Bahn einmal an.
Speaker1: Dann, also vom Rückenmark zum Thalamus, dem Tor zum Bewusstsein,
Speaker1: da gibt es zum einen, da muss man zwei verschiedene unterteilen.
Speaker1: Und zwar gibt es die Anterio, also die vordere spinothalamische Bahn,
Speaker1: das ist die typische Schmerzbahn,
Speaker1: die Schmerzimpulse vom Rückenmark dann in den lateralen Thalamus-Teil,
Speaker1: also den außenseitlich gelegenen Teil des Thalamus leitet.
Speaker1: Dort werden die Signale umgeschaltet im Thalamus und dann an den somatosensorischen
Speaker1: Kortex, das nennt sich ein S1-Areal,
Speaker1: und die umliegenden Gewebe, S2-Areale, das sind so Projektionen,
Speaker1: dahin werden die Impulse letztendlich im Gehirn weitergeleitet.
Speaker1: Die heißt zwar Spino-Thalamicus Anterior, heißt aber dann laterale Schmerzbahn,
Speaker1: weil sie im Thalamus lateral umgeschaltet wird.
Speaker1: Und diese Bahn ist verantwortlich für die verschiedenen Schmerzkomponenten,
Speaker1: also Lokalisierung des Schmerzes, wo ist es, Intensität, wie doll ist es und
Speaker1: was für ein Schmerzcharakter ist es, scharf, brennend, stechend, drückend.
Speaker1: Davon abgrenzen müssen wir eine laterale, nicht die anteriore Spino-Thalamische
Speaker1: Bahn, sondern die laterale.
Speaker1: Die, und das ist wirklich sehr verwirrend, die zieht dann lateral aber zum medialen Thalamus-Teil.
Speaker1: Ich weiß nicht, wer es sich ausgedacht hat, aber es ist so. Also zum medialen
Speaker1: Teil des Thalamus und wird dort umgeschaltet.
Speaker1: Und deswegen heißt es die mediale Schmerzbahn.
Speaker0: Einfach kann ja jeder.
Speaker1: Einfach kann ja jeder. So, im Thalamus werden die Signale umgeschaltet und ziehen
Speaker1: dann unter anderem zum anterioren singulären Kortex, ACC.
Speaker1: Das ist ein Teil des limbischen Systems, das haben wir vielleicht schon mal
Speaker1: gehört. Ein ganz alter Teil des Gehirns.
Speaker0: Ich weiß es. Ich sehe eine Cola. Ich will sie haben.
Speaker1: Ja, ich weiß jetzt nicht, ob das Antrieb, Emotion oder Lernen ist,
Speaker1: aber genau, das ist dafür verantwortlich und auch zum anterioren Inselkortex, also Insula.
Speaker1: Das ist Emotion und das ist aber auch Körperhomöostase.
Speaker1: Also die mediale Schmerzbahn, weil sie im medialen Teil des Thalamus umgeschaltet wird,
Speaker1: zieht eben in das limbische System und da ist alles, was mit Affektion,
Speaker1: Motivation sozusagen zu tun hat, ist da verantwortlich.
Speaker1: Also die affektive und emotionale Schmerzkomponente, letztlich das Leiden des
Speaker1: Schmerzes entsteht dann dort.
Speaker1: Die beiden Bahnen müssen wir auseinanderhalten, weil beide unterschiedliche
Speaker1: Schmerzqualitäten in dem Sinne sind oder unterschiedliche Anteile des Schmerzes
Speaker1: sind und die sind dann auch anatomisch jetzt gut auseinander zu divergieren.
Speaker1: Der Vollständigkeit halber, das anteriolaterale System hat auch sozusagen einen
Speaker1: spino-retikulären Anteil, also zum Formatio reticularis, die kontrolliert ja
Speaker1: Wachheit und Erregungslevel.
Speaker1: Deswegen sind wir ja natürlich, wenn wir Schmerz haben, auch alert.
Speaker1: Und dann gibt es auch noch spinotektale Bahnen. Das ist dann,
Speaker1: dass zum Beispiel Augen- und Kopfbewährung dann zur Schmerzquelle hingehen,
Speaker1: dass man einfach sieht, wo ist denn das Problem.
Speaker1: Der Vollständigkeit, die beiden Bahnen gibt es dann auch.
Speaker0: Macht ja Sinn irgendwie.
Speaker1: Genau, also ganz wichtig nochmal, wir haben jetzt also sozusagen eine mediale
Speaker1: Schmerzbahn durch die Mitte des Thalamus und das ist in die Mitte des Gehirns,
Speaker1: Mitte in die Emotion rein und dann haben wir eine laterale Schmerzbahn,
Speaker1: die geht eher in die Seite des Gehirns durch den seitlichen Teil des Thalamus und das ist Qualität,
Speaker1: Intensität und Lokalisation.
Speaker1: Und das müssen wir gut auseinanderhalten. Wahnsinn.
Speaker0: Also, der anteriore spinothalamische Bahn geht lateral und die laterale spinothalamische Bahn geht zum medial.
Speaker1: Genau. Es ist wirklich verwirrend. Es tut mir leid, aber ich habe die Welt nicht gemacht.
Speaker0: Doch, es war ganz allein deine Idee.
Speaker1: Ja, wenn es mal so wäre.
Speaker0: Dann wäre es jetzt der richtige Zeitpunkt für das zweite Schlüsselwort.
Speaker0: Jan-Pär, willst du das einmal sagen?
Speaker1: Gerne.
Speaker0: Das zweite Schlüsselwort.
Speaker1: Konvergenz. In dem Zusammenhang möchte ich auch gerne nochmal auf die Literaturliste verweisen.
Speaker1: Da gibt es wunderbare Schaubilder, auch jetzt von ganz aktuellen Studien aus 23, 22, 21.
Speaker1: Und wer sich wirklich in der, wir schneiden das Ganze hier ja nur an.
Speaker1: Also wir reduzieren das hier auf ein sinnvolles Maß, damit man das,
Speaker1: damit das auch irgendwie später mal eine therapeutische und sinnvolle Konsequenz
Speaker1: hat von dem, was wir besprechen.
Speaker1: Aber es gibt da zum Beispiel aus 2021 von Kuna und Kuna einen.
Speaker1: Würde man das erschöpfenden Artikel nennen?
Speaker0: Wo das ist auch schon ein echter Artikel ist.
Speaker1: Also ist eher so ein kleines Büchlein und wo sie das wahnsinnig detailliert
Speaker1: alles aufgefasst haben. Wahrscheinlich auch ein bisschen zu irre.
Speaker1: Wir verlinken was und dann könnt ihr auch nochmal schauen, was ihr auch als
Speaker1: Schaubilder euch rauskopieren wollt.
Speaker1: Wir bemühen uns ja wie immer dann möglichst freie Artikel zur Verfügung zu stellen.
Speaker0: Den aufmerksamen Zuhörer ist tatsächlich auch unsere Literaturliste immer wieder
Speaker0: aufgefallen in den Shownotes.
Speaker0: Jede Literaturanmerkung hat auch eine kurze Zusammenfassung,
Speaker0: sodass man sich da im Vorfeld schon mal so ein bisschen informieren kann,
Speaker0: inwieweit man vielleicht den ganzen Artikel lesen will.
Speaker0: Nur so als kleinen Aufhänger zwischendurch.
Speaker1: Am Anfang hast du gesagt, aufsteigende Bahnen oder Pathways,
Speaker1: heißt es ja immer so schön im Englischen. Das haben wir jetzt gemacht.
Speaker1: Und Und du wolltest, wir haben ja genauso jetzt absteigende Schmerzmodulationsmechanismenbahnen,
Speaker1: die genauso wichtig sind. Ja, sind sie.
Speaker0: Ich muss ja auch nur schmunzeln über deine Sprache, wie du das jetzt so mit
Speaker0: purer Leidenschaft noch einmal ausdrückst.
Speaker0: Schmerzhemmende Mechanismen, die extrem wichtig sind,
Speaker0: die Bahnen, weil sie schon und das fand ich einen wichtigen Aspekt und da verweise
Speaker0: ich jetzt auch wieder mal auf die eben erwähnte Literatur,
Speaker0: dass schon die aufsteigenden spinothalamischen Bahnen hier die aus anatomischer
Speaker0: Sicht die dissendierende Hemmung hier schon beginnt.
Speaker0: In dem dorsolateralen, präfrontalen Kortex hier, die Signale gleich weitergeleitet werden.
Speaker0: Das fand ich einen sehr interessanten Aspekt.
Speaker0: Also bevor letztendlich die spinothalamischen Bahnen es schaffen,
Speaker0: ihr Signal zentral zum Tor der Wahrnehmung weiterzuleiten, wird schon ein Signal
Speaker0: auf zentraler Ebene abgeleitet,
Speaker0: die einen wichtigen Aspekt für schmerzhemmende Mechanismen mit sich bringt.
Speaker0: Das finde ich schon ein extrem großartiges System.
Speaker0: Also es wird schon daran gearbeitet, den Schmerz zu hemmen, bevor er überhaupt
Speaker0: schlussendlich wahrgenommen wird. Das finde ich schon gut.
Speaker1: Ja, und wir haben ja auch da, du hast es richtig gesagt,
Speaker1: also präfrontaler Kortex wird ja sozusagen gleich informiert und du wirst ja
Speaker1: auch noch sagen, es gibt ja auch direkt dann Projektionsbahnen zum zum Beispiel
Speaker1: anterioren singulären Kortex.
Speaker1: Also Teil des limbischen Systems, was wir ja bei der Aktivierung haben.
Speaker1: Das wird dann direkt angesprochen.
Speaker0: Ja, es geht gleich zur kognitiven Kontrolle, Stichwort Emotionen und dergleichen. Ja, genau.
Speaker1: Und das ist dann gleichzeitig noch Bestandteil wiederum der hemmenden Bahn.
Speaker0: Richtig, genau, richtig. Also wir haben hier die Projektionsbahn hier via des
Speaker0: Anterion singulären Cortex zum retikulären Kern des Thalamus.
Speaker0: Da wird es dann weitergeleitet über das sogenannte Peri-Aqueductale Grau,
Speaker0: was wir ja schon in der zweiten Folge als descendierendes Hemdesystem hier schon angesprochen haben.
Speaker0: Und ja auch extrem wichtigen Bereich, weil sie einfach die Weiterleitung des
Speaker0: Überganges von dem ersten zum zweiten Neuron und dann resultierende Weiterleitung hier schon hemmt.
Speaker0: Und vielleicht dann auch schon, je nachdem was für ein Signal es ist,
Speaker0: dafür sorgen kann, dass es gar nicht erst als Schmerz wahrgenommen wird. Das ist halt großartig.
Speaker1: Im Sinne von so einem negativen Feedback-Loop.
Speaker0: Ja, richtig, genau. Und den spannenden Aspekt fand ich ja gerade,
Speaker0: dass das Ganze schon stattfindet, sowohl auf laminerer Ebene,
Speaker0: nämlich auf Hinterhorn-Ebene, dass da diese Feedback-Schleife bzw.
Speaker0: Diese Auto-Hemmung schon stattfindet und dann nochmal über zentraler Ebene ebenfalls
Speaker0: auch nochmal eine Auto-Hemmung. Das ist schon beeindruckend.
Speaker0: Wie kann ich mir aber diese schmerzhemmenden Systeme weiterhin vorstellen?
Speaker0: Das Periakotale Grau haben wir ja gesagt Wichtig sei hier im Vorfeld aber schon
Speaker0: erwähnt es gibt insgesamt in diesem ganzen Bereich der schmerzhemmenden Mechanismen
Speaker0: vier große Neurotransmitter die einen extrem hohen Stellenwert haben.
Speaker0: Das ist unerwarteterweise Neuadrenalin Serotonin die klassische Endogen-Opeate,
Speaker0: die erstmal hier als Endogen bezeichnet werden, aber die kennen wir ja auch
Speaker0: so das haben wir ja schon mal gehört, so als Kliniker und das Dopamin.
Speaker0: Aber welche Teile haben wir? Welche Mechanismen stehen uns als diszentrierende Hemmung zur Verfügung?
Speaker0: Das eine habe ich eben schon angesprochen, das ist das peri-aqueduktale Grau.
Speaker0: Das spielt eine zentrale Rolle. Wie gesagt, im zweiten Teil haben wir das ja
Speaker0: schon ausführlich besprochen, weil es einfach die Modulation der Schmerzsignale
Speaker0: direkt vor Ort reguliert.
Speaker0: Und es erhöht auch die Dichte durch die Stimulation von Opiatrezeptoren.
Speaker0: Also auch eine höhere Sensibilität dem Opiat gegenüber wird hier moduliert und
Speaker0: dafür Sorge getragen. Dann gibt es noch die Raffe-Kerne.
Speaker0: Das ist der sogenannte Serotonin-Nährgewerk, also Serotonin getriggert.
Speaker0: Der sorgt für die Hemmung der
Speaker0: Schmerzübertragung im Rückenmark und hat da einen extrem hohen Beitrag.
Speaker0: Und zum Schluss noch der Locus Ceruleus, Himmelblau ist hier glaube ich die
Speaker0: lateinische Übersetzung,
Speaker0: haben wir den Noadrenergenweg, um diesen Neurotransmitter nochmal aufzugreifen,
Speaker0: der ebenfalls an der Schmerzhemmung beteiligt ist.
Speaker1: Also wenn ich jetzt Noadrenalin, Serotonin und Opiate höre, da klingelt es ja.
Speaker0: Jetzt wieso, weil jemand an der Tür ist oder?
Speaker0: Das ist sehr selten dass ich den Jan Bär mal sprachlos erlebe,
Speaker0: Komm, lass es raus, lass es raus.
Speaker1: Nein, ich habe die goldene Brücke gebaut, jetzt ist Schluss.
Speaker0: Okay, sehr gut. Aber für mich, diese zentralen Mechanismen der descendierenden
Speaker0: Hemmung sind elementar, um zu verstehen,
Speaker0: warum bestimmte Medikamente, auf die du, glaube ich, reingehen wolltest,
Speaker0: so essentiell wichtig sind.
Speaker1: Marco, gibt es da Medikamente?
Speaker0: Also natürlich alle Medikamente, die im Bereich der No-Adrenalin-Nergen,
Speaker0: Serotonin-Nergen, Opiate, Dopamin, alle diese Medikamente, die kennen wir aus der täglichen Routine.
Speaker0: Und ja natürlich, unsere Opiate
Speaker0: sind täglich Brot, ob das nun Tri- oder Tetrazyklischen Antidepressiva,
Speaker0: ob sie nun selektive Serotonin-We-Up-Take-Hammer sind oder nicht,
Speaker0: mit oder ohne Kombination mit No-Athrinin-Lergen-Wirkung.
Speaker0: All diese Medikamente, mit denen arbeiten wir täglich und hier ist auch das
Speaker0: Spannungsfeld, wo die halt agieren.
Speaker0: Und unser System, was sowieso schon gut funktioniert, hier aber medikamentös
Speaker0: noch weiter unterstützt.
Speaker0: Was ich mich so gefragt habe, während ich da so begeistert diesen Artikel von
Speaker0: 2021 gelesen habe, von dem Ehepaar, muss man ja sagen.
Speaker0: Haben die eigentlich auch Freunde, habe ich mich gefragt bei diesem Artikel?
Speaker0: Nee, ist egal. Auf jeden Fall ist er so umfangreich, dieser Artikel ist ja Wahnsinn.
Speaker0: Das hat mich ja gefühlt Jahre gekostet, den zu lesen. Beeindruckend.
Speaker0: Sehr beeindruckend auch, sehr informativ. Habe ich mich gefragt.
Speaker0: Wie, Jan-Peer, wie ist man eigentlich auf diese ganzen Erkenntnisse gekommen?
Speaker0: Also das sind ja Informationen, wenn ich eine halbe Stunde brauche,
Speaker0: so ein Schaubild für mich verständlich nachzuvollziehen, weil das so komplex
Speaker0: ist, müssen die ja auch irgendwie an diese Informationen rangekommen sein.
Speaker0: Und wenn ich mich noch erinnere, deine Frage, wie viele Publikationen gab es
Speaker0: 2000 in unserer Suchmaschine PubMed.
Speaker0: Also da frage ich mich, wie haben die das geschafft? Wie kommt man an diese Information?
Speaker0: Woher weiß man, dass diese Verschaltung genauso funktioniert?
Speaker0: Kannst du mir da mal so ein bisschen auf die Beine helfen?
Speaker1: Ja, ich finde es auch ein sehr interessantes Feld.
Speaker1: Ja, es gibt verschiedene Verfahren, die angewendet werden.
Speaker1: Was wir, glaube ich, uns leicht vorstellen können, das ist die Untersuchung
Speaker1: des Gehirns mit bildgebenden Verfahren.
Speaker1: Also das heißt MRT-Untersuchung oder PET-Untersuchung, also meistens ist es
Speaker1: ja funktionelle Magnetresonanz-Tomografie. Was wird da gemacht?
Speaker1: Also da kann man die Aktivität des Gehirns im Sinne von zum Beispiel Blutfluss gut darstellen.
Speaker1: Also das heißt, wenn ein Areal im Gehirn aktiviert wird, dann kann man über
Speaker1: das MRT dort einen höheren Blutfluss zum Beispiel feststellen.
Speaker1: Also das ist dann der Rückschluss auf die erhöhte Aktivität.
Speaker1: Das ist natürlich der Vorteil dieses Verfahrens ist, man kann das relativ noninvasiv machen.
Speaker1: Also und das muss man insgesamt mal sagen, ein Mensch, der legt sich dann ja
Speaker1: dann ins MRT und den kann man dann zum Beispiel mit Wärme stimulieren irgendwie
Speaker1: oder mit Schmerz, Wärmeschmerz und dann kann man gucken,
Speaker1: welche Areale denn im Gehirn dann vermehrt durchblutet werden und wo dann Aktivität
Speaker1: ist und dann Rückschlüsse draufziehen,
Speaker1: die werden dann aktiv sein und sind dann an dieser Schmerzweiterleitung dann beteiligt.
Speaker1: Das kann man dann kombinieren auch noch mit EEG zum Beispiel,
Speaker1: also mit elektrischer Aktivität.
Speaker1: Aber ein ganz großer Teil der Schmerzergebnisse sind gar nicht unbedingt bei
Speaker1: Menschen gewonnen worden, sondern bei der Untersuchung von Nagetieren.
Speaker1: Also zum Beispiel Mäuse, die sind natürlich im MRT sehr schwierig so zu untersuchen,
Speaker1: weil die einfach nicht stillhalten, dann muss man die in Narkose legen.
Speaker1: Das verändert natürlich insgesamt sozusagen die neuronale Aktivität,
Speaker1: aber das ist dann auch eine Möglichkeit, wie man dann mit diesem bildgebenden
Speaker1: Verfahren dann auch Untersuchungen dann anstellen kann. Aber?
Speaker1: Man muss sagen, das sind relativ grobe Aussagen, die man da immer nur treffen kann.
Speaker1: Also man kann da ja nur Areale untersuchen, die dann halt, also mit einer geringen
Speaker1: Auflösung, also man kann da zentimetergroße Areale dann untersuchen und das
Speaker1: Ganze auch mit einer Latenz, also die Auflösung zeitlich ist halt auch nicht besonders gut.
Speaker1: Es gibt dann noch so Weiterentwicklungen davon, also man kann zum Beispiel über KI gucken,
Speaker1: wie verändern sich über die Dauer, wenn zum Beispiel eine Maus einen chronischen Schmerz hat,
Speaker1: was ja insgesamt schlimm genug ist, aber sozusagen im Sinne der Forschung kann
Speaker1: man gucken über so KI-Analysen über die Zeit,
Speaker1: wie vergrößern oder verkleinern sich bestimmte Strukturen dann im Gehirn der Maus zum Beispiel.
Speaker1: Und da kann man dann Volumenänderungen feststellen und zum Beispiel sagen,
Speaker1: okay, wenn chronischer Schmerz besteht, dann gibt es da eine Auswirkung.
Speaker1: Das sind so ein bisschen dann über noch längere Zeiträume Erkenntnisse,
Speaker1: die man da sammeln kann. Ja, man kann das auch auf eine ganz kleine Ebene machen.
Speaker1: Also das sozusagen geht dann über Fluoreszenz-Mikroskopie, also Licht-Mikroskopie.
Speaker1: Das wusste ich auch nicht, das wusste ich mir. Also man kann zum Beispiel die
Speaker1: Aktivität von zum Beispiel Calcium-Kanälen sichtbar machen.
Speaker1: Also speziell fluoreszierende Moleküle kann man in diese Calcium-Kanäle einbauen
Speaker1: und die leuchten dann und die kann
Speaker1: man dann mikroskopisch, fluoreszenzmikroskopisch dann sichtbar machen.
Speaker1: Das heißt also wo ist denn jetzt besonders hohe Dichte von diesen Reflektionen
Speaker1: oder besonders nicht und kann darüber dann Rückschlüsse ziehen,
Speaker1: wie denn da Aktivität ist. Das geht auch auf einen sehr kleinen Maßstab,
Speaker1: natürlich Mikroskopie ist klein, also hat eine sehr große räumliche Auflösung.
Speaker1: Aber insgesamt jetzt bei diesen ganzen funktionellen Klachen,
Speaker1: die wir haben, man weiß ja immer nicht, was ist Henne und Ei?
Speaker1: Das ist ein bisschen philosophisch. Also war die Aktivität da schon im Gehirn
Speaker1: und wird dann zum Beispiel nur verstärkt durch einen Schmerzreiz oder löst dann
Speaker1: der Schmerzreiz eine bestimmte Aktivität aus?
Speaker1: Also letztendlich kann man ja, kann man diese Kausalität nicht so 100 Prozent
Speaker1: dingfest machen oder zum Beispiel, also würde jetzt die Aktivierung des,
Speaker1: ein bestimmtes Teil des Thalamus, löst das dann einen bestimmten,
Speaker1: einen bestimmten Schmerz oder eine bestimmte Emotion oder einen bestimmten Effekt aus?
Speaker1: Was ich dann besonders spannend fand, ist, um diese Kausalität dann festzustellen,
Speaker1: also stimuliere ich dann einen bestimmten Bereich im Gehirn,
Speaker1: irgendwie einen Bereich des Thalamus und kann ich damit einen Effekt,
Speaker1: einen Affekt oder eine Emotion oder eine Schmerzwahrnehmung dann auslösen,
Speaker1: um das dann gezielt mal anzusteuern.
Speaker1: Da gibt es die sogenannte Optogenetik und Chemogenetik.
Speaker1: Also bei der Optogenetik, da gibt es so Bilder im Internet, da werden lichtempfindliche
Speaker1: Proteine spezifisch in bestimmte neuronale Bereiche, zum Beispiel des Mausgehirns, dann eben eingebracht.
Speaker1: Und diese Proteine können dann durch Licht an- und ausgeschaltet werden.
Speaker1: Und dann kann man eben schauen, wenn ich jetzt im Bereich einer Nervengruppe
Speaker1: da eine Aktivierung mache, wie ändert sich das Verhalten der Maus oder gibt
Speaker1: es Zeichen für Schmerz der Maus.
Speaker1: Also das ist dann richtig tatsächlich, ein Bereich des Gehirns ist dann zuständig für,
Speaker1: das kann man dann sozusagen auch über Chemogenetik machen,
Speaker1: also da kann man mit chemischen Substanzen anstatt von Licht,
Speaker1: kann man eben diese bestimmten Proteine, die dann in bestimmten Hirnarealen
Speaker1: drin sind, an- und ausschalten und ja, also so kann man dann so ein bisschen
Speaker1: auf diese kausale Ebene dann zurückkommen.
Speaker0: Das sind dann aber dann immer feste Schaltkreise, also feste.
Speaker1: Ja, also theoretisch ist das sozusagen auf ein Neuron, Neuronengruppe oder neuronaler
Speaker1: Verband sozusagen dann begrenzbar.
Speaker1: Also an- und ausschaltbar.
Speaker0: Mir fehlt dann die spezifische Fragestellung, die kann ich dann da nicht direkt dran festmachen.
Speaker1: Naja, was du sagen kannst ist sozusagen, wie verhält sich sozusagen,
Speaker1: wenn ich eine bestimmte Neurongruppe aktiviere im Gehirn, was für Auswirkungen hat das? Ja.
Speaker1: Das kann man machen. Oder wenn ich sie supprimiere, das geht genauso.
Speaker0: Das kann man dann visualisieren und kann verstehen, wo es dann stattfindet.
Speaker1: Also tatsächlich, also gibt es da irgendwie grünes Licht und rotes Licht und
Speaker1: rot macht an und grün macht aus. Also jetzt plakativ.
Speaker1: Was passiert denn, wann ich dann das oder das eine oder das andere dann mache
Speaker1: und wie verhält sich die Maus dann anders? Also Wahnsinn. Und da gibt es also richtig so.
Speaker1: Ist natürlich dann auch immer jetzt Mausmodell und fraglich halt dann übertragbar auf den Menschen.
Speaker1: Das muss man immer noch als Wasser im Wein dann immer noch im Hinterkopf behalten.
Speaker0: Ja, aber ich kann diese Strukturen, also Strukturfunktionseigenschaften kann
Speaker0: ich nutzen für die Zukunft, um hier vielleicht Therapieansätze zu generieren.
Speaker1: Absolut, genau. Das ist sozusagen genau richtig. Also theoretisch,
Speaker1: wenn ich jetzt einen Rezeptor identifiziere, der für die affektive Bewertung
Speaker1: eines bestimmten Schmerzes ist, könnte ich natürlich dann versuchen,
Speaker1: wenn ich weiß, diese Nervengruppe ist dafür verantwortlich und dieser Rezeptor
Speaker1: ist dafür verantwortlich, kann ich natürlich auch ein spezifisches Medikament
Speaker1: oder eine spezifische Substanz dann versuchen zu suchen, die dort dann auch
Speaker1: spezifisch wird, um dem Patienten dann zu helfen. Immer Wissen ist ja Macht.
Speaker0: Ja, das stimmt. Das dritte Schlüsselwort.
Speaker1: Nostalgie
Speaker0: Jetzt sind wir ja eigentlich schon mitten im Diskussionsbereich eigentlich.
Speaker1: Fast schon ein bisschen philosophisch.
Speaker0: Ja, würde ich sagen. Oder was machen wir eigentlich damit?
Speaker0: Also erstmal finde ich es natürlich
Speaker0: großartig, dass wir die medizinisch-diagnostischen Möglichkeiten haben,
Speaker0: um solche komplexen Situationen und Schaltkreise, Schaltkreise,
Speaker0: wir sind ja schon elektronisch, Aber dass wir solche Mechanismen,
Speaker0: die dann stattfinden im Gehirn, einfach auch visualisieren.
Speaker0: Ich bin ja auch, es gibt ja bestimmte Lerntypen, ich bin ja auch eher einer,
Speaker0: der mal so Sachen aufmalen muss, damit ich sie besser verstehe oder einfach
Speaker0: mal mir ein Bild angucken.
Speaker0: Bild sei ja besser als tausend Worte.
Speaker0: Warum machen wir denn eigentlich einen Podcast, wenn ein Bild besser ist als
Speaker0: tausend Worte? Das ist ein anderes, das ist auch wieder philosophisch.
Speaker0: Nein, aber ich, für mich wäre halt in diesem Gedankenkonstrukt, was machen wir daraus,
Speaker0: wäre für mich ja natürlich wichtig, was für Informationen können wir da theoretisch
Speaker0: noch rausziehen und wo sind da Ansätze,
Speaker0: um eine Therapie daraus zu resultieren.
Speaker0: Das eine ist ja Diagnostik und das andere ist ja das Verständnis um die Wahrnehmung
Speaker0: und Verarbeitung zentral, wie Schmerzen eigentlich wahrgenommen werden.
Speaker1: Ja, also das, was ich ja eben beschrieben habe, das ist ja ein sehr mechanistischer Weg.
Speaker1: Also irgendwie, wir denken ja immer noch, der Rezeptor macht das und die Nervengruppe
Speaker1: macht das und dann irgendwie entsteht Wut oder Trauer oder so.
Speaker1: Und das ist natürlich wahrscheinlich einfach zu kurz gesprungen. Also, ähm.
Speaker1: Du hast es ja mir, wir haben ja auch lange drüber gesprochen,
Speaker1: gerade im Sinne von Schmerz ist es ja nicht nur ein A-B-Verschaltungsprinzip,
Speaker1: das ist sozusagen viel zu kurz gesprungen.
Speaker1: Es gibt ja, das wissen wir ja, es gibt ja nicht nur diese somatogen-sorische
Speaker1: Schmerzkomponente, sondern eben gerade diese bunte, affektive,
Speaker1: emotionale Schmerzkomponente.
Speaker1: Und die beinhaltet ja sowas wie Lernen, Verhalten, Aversion.
Speaker1: Und da bedarf es eben mehr als nur die einzelnen Komponenten,
Speaker1: sondern es ist ja dann auch eine Verschaltung dazwischen. Die kennen wir noch gar nicht so richtig.
Speaker1: Die beginnen wir vielleicht ja so ein ganz bisschen dann zu ergründen im Augenblick.
Speaker1: Also da gibt es ja neue Therapieansätze.
Speaker0: Ja, ich finde, sagt dir dieser Disney-Klassiker Alles steht Kopf,
Speaker0: wo jetzt vor ein paar Monaten der zweite Teil ins Kino gekommen ist,
Speaker0: sagt dir das ein bisschen was? Hast du den gesehen?
Speaker1: Ich habe den Trailer gesehen, wo es in die Pubertät geht.
Speaker0: Ja, richtig, genau. Darum geht es. Letztendlich, muss ja jetzt auch nicht jeder
Speaker0: Zuhörer kennen, diesen Kinofilm, aber hier geht es letztendlich primär darum,
Speaker0: dass auf sehr amüsante Art und Weise,
Speaker0: Emotionen dargestellt werden, als Zeichentrickfiguren, die,
Speaker0: Konflikte einer Person darstellen, einer 13-Jährigen, die in die Pubertät kommt
Speaker0: und die Hauptakteure sind die Emotionen, die im Kopf da das Kommando an sich reißen.
Speaker0: Das ist Freude, Wut, Kummer, Angst, Ekel und im besagten zweiten Teil kommen
Speaker0: halt Neid und Scham noch dazu,
Speaker0: aber ich finde diese Elemente, nicht nur, dass sie sehr witzig sind in diesem,
Speaker0: in diesem Sighting-Film, kleiner Shoutout, sehr witzig, angucken bitte, ähm,
Speaker0: Ich finde, die sind eine sehr gute Darstellung dafür,
Speaker0: wie hier die modulatorischen Schaltkreise zum Thema Schmerzwahrnehmung,
Speaker0: Chronifizierung und Probleme, die hier entstehen, das einmal darzustellen.
Speaker0: Weil das sind auch die Emotionen, die eine Chronifizierung unterstützen können,
Speaker0: neben Erfahrung und vielleicht auch das soziale Umfeld, was hier die Chronifizierung unterstützt.
Speaker1: Das ist ja genau der Punkt, den du ansprichst, also warum kriegt der eine einen
Speaker1: chronischen Rückenschmerz und der andere kriegt es eben nicht.
Speaker0: Genau, du hattest ja auch schon mal leider berichtet, dass du schon mal Rückenschmerzen
Speaker0: hattest, aber warum hast du jetzt keine chronischen Rückenschmerzen entwickelt,
Speaker0: wohingegen es deutlich viele andere Beispiele gibt, die einen chronischen Schmerz entwickelt haben.
Speaker0: Und da greifen genau diese Elemente rein und natürlich spielen hier endogene Mechanismen, GABA,
Speaker0: Nordrenerge, Cholinerge, Dopaminerge, Serotinerge, was wir alles schon angesprochen
Speaker0: haben, auch die spielen eine wichtige Rolle und auch unsere schmerzhemmenden
Speaker0: Mechanismen, wie kompetent sie verhindern, dass das chronisch infiziert wird. Mhm.
Speaker0: Aber diese Erfahrung und diese Elemente spielen halt extrem großen Einfluss
Speaker0: und das haben wir durch einige Studien haben wir das ja auch festgelernt und
Speaker0: dann kommen so neue therapeutische Ansätze wie,
Speaker0: das müssen wir dann in einem, denke ich mal, separaten Podcast auch nochmal
Speaker0: besprechen, weil das nämlich hochinteressant ist, die sogenannte Pain Reprocessing Therapy.
Speaker0: Also wie verlerne ich meinen erlernten, meinen chronifizierten Schmerz und da
Speaker0: gibt es ganz tolle innovative Sachen,
Speaker0: Stichwort Patienten, Edukation, wie gehe ich mit den Schmerzen um,
Speaker0: wie kann ich das in einem strukturierten Setting verlernen, meinen Schmerz.
Speaker0: Aber da schwebt mir auch schon jemand vor, mit dem wir darüber sprechen können.
Speaker0: Das ist hochspannend und besonders im chronischen Rückenschmerzen,
Speaker0: also Stichwort Fadeback Surgery Syndrom, auch ein hocheffektiver Therapieansatz.
Speaker0: Die brauchen nämlich nicht alle jahrelang ihre Opiate und da können wir eine
Speaker0: Menge machen und das können wir sicherlich hier auch nochmal besprechen,
Speaker0: das ist echt hochinteressant.
Speaker1: Nicht, dass du mich falsch verstehst, ich finde ja auch die mechanistische Aufschlüsselung
Speaker1: verschiedener Wege ist absolut wichtig und ist auch eine gute Basis und bietet
Speaker1: ja überhaupt erst die Möglichkeit,
Speaker1: dann die Interdependenzen der einzelnen Systeme dann zu untersuchen.
Speaker0: Ja, aber das sind ja, ich finde, dadurch, dass wir verstanden haben,
Speaker0: welche Regelkreise damit involviert sind und auch in der Chronifizierung,
Speaker0: erst dadurch haben wir ja auch verstanden, dass wir auch die Möglichkeit haben,
Speaker0: das wieder zu verlernen und das ist ja das Spannende. Ja.
Speaker0: Und da schließt sich der Kreis wieder und da hat uns auch die diagnostischen
Speaker0: Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, sehr viel Hilfe geleistet.
Speaker0: Aber wir sind da noch am Anfang. Ich glaube, da gibt es noch ganz viel Raum nach oben.
Speaker1: Oder? Das glaube ich auch. Zum Glück.
Speaker0: Zum Glück. Sag mal, Jan-Pierre, ich habe so das Gefühl, wir haben so viele Sachen
Speaker0: angesprochen und auch so glaube ich noch viel Anregung für die Zukunft gegeben.
Speaker0: Hast du Lust vielleicht in ein paar Sätzen einmal vielleicht unseren Podcast
Speaker0: zusammenzufassen? Schaffst du das? Wollen wir das zusammen machen?
Speaker1: Ich werde es gerne versuchen. Also fassen wir diesen Podcast zusammen.
Speaker0: Nicht versuchen, suchen du musst, machen.
Speaker1: Machen du musst. Was haben wir heute besprochen?
Speaker1: Also wir haben die zentrale Schmerzverarbeitung besprochen.
Speaker1: Das heißt, wir haben einmal den lateralen Schmerzweg, Spino Thalamicus Anterior
Speaker1: und dann der laterale Schmerzweg, weil es über den lateralen Thalamus verschaltet wird.
Speaker1: Und ne nochmal, ne nochmal, Was haben wir heute besprochen?
Speaker1: Also wir haben heute den Schmerz in seinen Komponenten auseinandergenommen in
Speaker1: der zentralen Verarbeitung.
Speaker1: Wir haben einen lateralen Schmerzweg.
Speaker1: Im lateralen Thalamus wird das Signal umgeschaltet auf den somatosensorischen
Speaker1: Kortex und das ist dann Intensität, Stärke. Wir haben davon abgegrenzt einen medialen Schmerzweg.
Speaker1: Das ist alles, was mit Affekt und Kognition zu tun hat.
Speaker1: Das ist die zweite Komponente des Schmerzes und dem gleichgestellt,
Speaker1: was mindestens genauso wichtig ist,
Speaker1: die schmerzmodulierenden Bahnen über periequaduktales Grau runter wieder zum Rückenmark,
Speaker1: wo die weitere Schmerzweiterleitung oder sozusagen gehemmt wird oder die Abschwächung dann stattfindet.
Speaker1: Das sind die beiden Systeme, also das aktivierende und das modulierend hemmende
Speaker1: System, die muss man gleichwertig nebeneinander stellen.
Speaker1: Und wer weiß, vielleicht ist es so, dass da vielleicht auch ein Schlüssel liegt
Speaker1: für die Behandlung vielleicht von chronischen Schmerzen, indem man nämlich nicht nur versucht,
Speaker1: was wir über viele, viele Jahre gemacht haben, die Aktivierung von Schmerzen
Speaker1: über die aktivierenden Bahnen zu hemmen, mit Opiaten zum Beispiel.
Speaker1: Sondern wir haben jetzt ja verstanden, dass es vielleicht genauso wichtig ist,
Speaker1: die hemmenden Bahnen zu stärken.
Speaker1: Das ist ja eigentlich, was wir immer mit Opiaten gemacht haben.
Speaker1: Wir haben ja die hemmenden Bahnen aktiviert.
Speaker1: Und vielleicht gibt es ja auch noch Medikamente, die dann die Aktivierung des
Speaker1: Schmerzes zentral dann in der Zukunft abschwächen und da dann insgesamt indirekt
Speaker1: die hemmenden Mechanismen dann stärken werden. Also das haben wir besprochen,
Speaker1: funktionell anatomisch.
Speaker1: Und wie machen wir das Ganze? Mit bildgebenden Verfahren oder auch direkt über
Speaker1: die Beeinflussung von Neuronen.
Speaker1: Um dann sozusagen mal sehen, was für eine Kausalität die einzelnen Hirnareale
Speaker1: denn in Wirklichkeit haben.
Speaker0: Ja, das hört sich super an. Und wenn wir die drei Folgen zusammenfassen,
Speaker0: würde ich sagen, kann man das hervorragend in den vier Prozessschritten für
Speaker0: die Schmerzwahrnehmung wahrnehmen.
Speaker0: Dass wir nämlich im ersten Bereich erst einmal eine Transduktion haben,
Speaker0: nämlich eine Aufnehmung, eine Aktivierung von Rezeptoren über den besagte Schmerzproblematik
Speaker0: oder den nozizeptiven Reiz.
Speaker0: Jetzt dann haben wir eine Transmission,
Speaker0: indem wir dieses Signal einfach weiterleiten und umleiten bzw.
Speaker0: Umschalten auf das zweite Neuron. Auch hier ist eine Transmission notwendig.
Speaker0: Hier fängt schon die erste Modulation an.
Speaker0: Wenn ich ganz ehrlich bin, haben wir auch schon eine gewisse Modulation auf
Speaker0: peripherer Ebene, auf Nozizeptor Ebene.
Speaker0: Das haben wir auch nicht vergessen, aber aus didaktischen Gründen würde ich
Speaker0: die Modulation jetzt in das Hinterhorn projizieren.
Speaker0: Und schlussendlich, und das ist ja das große Feld vom heutigen Tag,
Speaker0: was du eben zusammengefasst hast, ist die der Wahrnehmung.
Speaker0: Also wie macht das Gehirn jetzt eigentlich aus diesem Signal einen Schmerz?
Speaker0: D'accord?
Speaker1: Absolut. Hui.
Speaker0: Hui. Dann bedanke ich mich, nicht nur bei dir, sondern auch bei allen Zuhörerinnen und Zuhörern,
Speaker0: dass ihr mit uns den steinigen Weg mit viel dicken Hölzern über drei Teile gegangen seid.
Speaker0: Also großartig. Wir haben da sehr viel Spaß dran gehabt und freue mich eigentlich
Speaker0: schon jetzt Jetzt auf unsere, man darf es gar nicht sagen, aber auf unsere Weihnachtsfolge.
Speaker1: Ja, soweit ist es schon.
Speaker0: Also von meiner Seite aus, ich kann es kaum erwarten. Ich freue mich schon auf
Speaker0: die nächste Podcast-Folge. Bis dahin, bleibt gesund.
Speaker0: Bis demnächst, bleibt neugierig.
Speaker0: Wir bedanken uns und freuen uns wieder auf dich, wenn das heißt, der Schmerzcode.
Music:
Speaker0: Die im Podcast dargestellten Inhalte dienen ausschließlich der neutralen Information
Speaker0: und allgemeinen Weiterbildung.
Speaker0: Sie stellen keine Empfehlung oder Bewerbung der beschriebenen oder erwähnten
Speaker0: diagnostischen Methoden, Behandlungen oder Arzneimittel dar.
Speaker0: Die Inhalte erheben weder einen Anspruch auf Vollständigkeit,
Speaker0: noch kann die Aktualität, Richtigkeit
Speaker0: und Ausgewogenheit der dargebotenen Information garantiert werden.
Speaker0: Der Podcast ersetzt keinesfalls die fachliche Beratung durch einen Arzt oder
Speaker0: Apotheker und er darf nicht als Grundlage zur eigenständigen Diagnose und Beginn,
Speaker0: Änderung oder Beendigung einer Behandlung von Krankheiten verwendet werden.
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